Ein nicht allzu riskantes „Reiseroulette“ für kurz entschlossene Kunden

Bereits seit gut und gerne drei Jahrzehnten kennen und nutzen auch Reisende und Urlauber in Deutschland und Europa das seinerzeit bereits in den USA schon länger verbreitete Prinzip der kurzfristigen und kurz entschlossenen Reisebuchung, deren größter Reiz neben einer potenziellen, jedoch nicht garantierten Kostenersparnis vor allem auch in einem gewissen kleinen Hauch von Abenteuer und Ungewissheit über das tatsächliche und letztendliche Urlaubsziel besteht. Fast wie bei einem Spiel am Roulettetisch, ohne jedoch das Risiko eines Totalverlusts einzugehen, erwerben vor allem spontan und flexibel veranlagte Kunden mit der Buchung einer Lastminutereise sozusagen die Option auf eine zwar zeitlich, jedoch nicht örtlich genau fixierte Urlaubsreise. Während also die Tages- bzw. Wochenanzahl der eigentlichen Reise wie auch Ankunft und Abreise exakt festgelegt sind, existieren im mittlerweile breit gefächerten Segment solcher Spontanreisen bezüglich des Zeitraums zwischen Buchung und Reiseantritt verschiedene Varianten und Vorstellungen.

In der Praxis werden Reiseentscheidungen heute immer stärker kurzfristig getroffen

Die hierzulande weitverbreitete, wenn auch häufig von Branchenbeobachtern als nicht ausreichend kritisierte Definition durch den Deutschen Reiseverband (DRV), dem zufolge es sich bei einer Lastminutereise ausschließlich um ein Angebot handelt, dessen Anreisetag innerhalb der nächsten 14 Tage liegt, muss angesichts der herrschenden Praxis tatsächlich weiter differenziert werden. Zum einen alleine schon deshalb, weil nur beim herkömmlichen Last Minute die Entscheidung für ein Ziel und die Buchung innerhalb von 14 Tagen vor Reiseantritt liegen müssen. Bei noch spontaneren Möglichkeiten wie etwa „Super Last Minute“, „Ultra Last Minute“ oder „Stand-By“, die heutzutage immer häufiger auch direkt an Flughäfen angeboten und von Jahr zu Jahr stärker gebucht werden, beträgt die Spanne zwischen Vertragsunterzeichnung und Abflug mitunter nur wenige Stunden. Darüber hinaus sollte man hinsichtlich einer realistischen Einschätzung des wachsenden Last-Minute-Markts auch beachten und berücksichtigen, dass die meisten Kunden sich in der Regel wie auch für einen Familienurlaub oder Sommerurlaub sehr viel länger als nur 14 Tage mit der Auswahl einer Lastminutereise beschäftigen. Der diesbezügliche Zeithorizont beläuft sich einschlägigen aktuellen Studien und Umfragen zufolge im Durchschnitt auf ca. vier bis sechs Wochen vor Antritt der Reise. Diese beiden tendenziell gegensätzlichen Trends bei der Buchung von kurzfristigen Reisen, also das Fällen einer Entscheidung für ein Ziel entweder bereits einige Wochen oder nur wenige Stunden vorher, werden aller Voraussicht nach auch zukünftig von weiteren Parametern und beeinflussenden Begleiterscheinungen mit bestimmt.

Das Internet und der Online-Vertrieb sind wie gemacht für die schnelle Buchung

Grundsätzlich profitiert dabei der Markt für Spontanreisen von den neueren technischen Möglichkeiten des Internets gleich in mehrfacher Hinsicht, primär etwa durch die umfangreichen Möglichkeiten zum Reisepreisvergleich ganz gleich ob für einen Familienurlaub, einen Sommerurlaub oder eine Pauschalreise. Nicht selten versprechen Onlinebuchungen gegenüber denjenigen in einem Reisebüro auch deutliche Preisvorteile, speziell sog. „Superspontanreisen“ mit einem Buchungsabschluss bis maximal zwei Tage vor Reiseantritt werden in den Börsen und auf den Portalen des Netzes oft gesucht und gebucht. Durch ihre leichte Darstellbarkeit und Vergleichbarkeit sowie die den aktuellen Konsummustern entgegen kommende Kurzfristigkeit eignet sich eine Lastminutereise geradezu idealtypisch als Produkt genau wie auch ein Familienurlaub oder Sommerurlaub für den Online-Vertrieb. Dazu kommt, dass solche Reisen zumindest in Deutschland meist stärker von den meist eher technikaffinen Männern und oftmals als Gruppenreisen gebucht werden. Deren Entscheidung für ein bestimmtes Ziel und einen Zeitraum ist auch weniger als bei Frauen von der Höhe des Preises abhängig, wichtig sind vielmehr der jeweilige Anlass und der dazu passende Zielort zum Beispiel für Vereins- oder Betriebsausflüge. Die weitere Verbreitung von digitalen Endgeräten wie Smartphones und Tablets und deren mobilen Möglichkeiten zum Reisepreisvergleich auch für eine Lastminutereise werden sich aller Wahrscheinlichkeit auch weiterhin positiv auf das diesbezügliche Marktgeschehen auswirken. Neben diesen technischen Faktoren ist das „Spontansegment“ nach der allgemein übereinstimmenden Ansicht der meisten Experten auch von zusätzlichen gesellschaftlichen, politischen und nicht zuletzt klimatischen Entwicklungen abhängig.

Spontan- und Kurzreisen in Abhängigkeit von Arbeitsverhältnissen und Feiertagen

Neben dem in den letzten Jahren deutlich gewachsenen grundlegenden Wunsch von Reisewilligen, sich das Urlaubsziel und den Reisezeitraum so lange wie möglich offen zu halten, gelten etwa generell wirtschaftlich unsichere oder Krisenzeiten als dem Last-Minute-Markt eher zuträglich. Verreist wird heute eben dann, wenn es die persönliche finanzielle Lage und Ausstattung am besten erlaubt und ermöglicht. Angesichts des Zuwachses an befristeten Arbeitsverhältnissen und der Zunahme von periodischer Projektarbeit gönnt man sich beispielsweise kurz entschlossen eine Reise als Belohnung nach einem Abschluss oder als kurze Verschnaufpause zwischen zwei Anstellungen. Vergleichsweise positiv auf die entsprechende Nachfrage wirkt sich auch die genaue kalendarische Verteilung von Feiertagen in den einzelnen Jahren aus. Besteht etwa über die Monate häufiger die Möglichkeit, sich ein verlängertes Wochenende mit nur einem anzumeldenden Urlaubstag („Brückentag“) als Reisezeitraum für eine Spontanreise zu sichern, steigen auch die Buchungen in diesem Bereich ähnlich wie die Nachfrage nach einer Pauschalreise meist spürbar an. Das Gros der spontan unternommenen Reisen von deutschen Urlaubern dauerte im Jahr 2013 fünf Tage (32 %), 8 bis 10 Tage wurden hingegen nur von 24 % der Reisenden als Zeitraum genutzt. Spontanreisen sind also mehrheitlich Kurzreisen, weshalb sie auch zusätzliche Attraktivität durch die ebenfalls schon seit geraumer Zeit boomenden Städte- und Eventreisen gewinnen. Einschränkend hierzu muss jedoch angemerkt werden, dass sich lange angekündigte Großereignisse wie etwa internationale Sportereignisse eher bremsend auf die Bereitschaft zum spontanen Verreisen auswirken. Ähnliches gilt für gesellschaftlich und wirtschaftlich instabile Zustände, wie sie in der jüngsten Vergangenheit etwa in klassischen Reiseländern wie Ägypten und Griechenland zu einer teils dramatisch einbrechenden Nachfrage geführt haben.